Dieses Jahr feiern wir am Weltfrauentag 100 Jahre Frauenwahlrecht! Doch viele Fragen sind immernoch offen. Trotzdem ist es unvorstellbar wie anders unser Leben noch vor einem Jahrhundert aussah, oder? Ja, wer etwas erreichen und die Welt verändern will, der muss politisch sein – nicht nur am Weltfrauentag. Deshalb gebe ich Trainings und Vorträge zum Thema Female Leadership. Und darum war ich dieses Jahr beim Frauenempfang im Hessischen Landtag in Wiesbaden und letztes Jahr auf Einladung von Ministerin Spiegel beim Frühstück mit Führungsfrauen in Mainz. Damit versuche ich auch für mich Klarheit zu schaffen. Was ist wichtig? Wo müssen wir ansetzen? Meine Antworten am Weltfrauentag 2018 sind von diesen vier Fragen geprägt:
1. Was macht Mädchen zu starken Frauen?
Wenn man der Soziologie glauben schenkt, dann werden Frauen „gemacht“ und nicht einfach geboren. Klar, die alte Frage „nature or nurture“ – ganz frei auf Deutsch übersetzt „Veranlagung oder Erziehung“ – lässt sich nicht in 5 min für den Weltfrauentag klären. Fakt ist: Erziehung beeinflusst uns. Vorbilder, Förderung und fehlender Zugang zu Möglichkeiten lassen Talente aufblühen oder einschlafen. Das weiß ein jeder und ein jede von uns aus eigener Erfahrung. Unsere Töchter brauchen gute Vorbilder! Beispielsweise eine starke Mutter, verrückte Oma oder eine taffe Blockflötenlehrerin (ja, so eine hatte ich). Wenn wir niemals starke Frauen sehen, glauben wir nicht daran irgendwann selbst eine zu sein. Darum engagiere ich mich auch als Vorbildunternehmerin.
Zum stark sein gehören übrigens auch klare Absagen an manch überzogenen Perfektionismus. Ich habe meine berufstätige Mutter dafür bewundert, dass Sie den Kuchen für das Gemeindefest gekauft hat statt ihn wie die „Society Ladies“ morgens um 5 selbst zu backen. Als Tochter lerne ich daraus: Prioritäten setzen, selbst entscheiden was wichtig ist, sich nicht von anderen verrückt machen lassen.
2. Wo lauern Gefahren für Frauen?
Wer jetzt an dunkle Unterführungen denkt, den enttäusche ich. Mir geht es als Geschäftsfrau um die leisen Gefahren: Frauen sind viel stärker von Armut und Altersarmut betroffen. Sie übernehmen in Kindererziehung und Pflege wichtige gesellschaftliche Aufgaben, die wenig bis garnicht finanziell honoriert werden. Der Staat gönnt sich demzufolge die schwarze Null auf Kosten unserer Mütter. Kombiniert mit Minijobs, Teilzeit oder einer selbständigen Tätigkeit als Kleinunternehmer bedeutet dies eine echt finanzielle Gefahr für später. Der Gender Pay Gap ist nur die eine Seite der Medaille – das noch massivere Loch lauert im Ruhestand. Wir müssen also weg von der Idee, dass Frauen sich nur „ein bisschen was dazuverdienen“. Wenn wir unabhängig – auch von politischen Entscheidungen – sein wollen, dann gilt: Wir müssen uns selbst versorgen können!
3. Was können wir aus der #MeToo-Debatte lernen?
Für viele Menschen sind Politik und Alltag heute vollkommen entkoppelt. #MeToo? Das sind die anderen. Doch mit dem Wegschieben tun wir alle uns keinen Gefallen. Richtig ist, dass #MeToo ist auch in Deutschland gelebte Realität ist. Auch ich durfte mir in meinen eigenen Seminaren schon üble Sprüche und Herrenwitze anhören. Das Spektrum geht von „Sie können uns ja dann den Kaffee bringen“ bis zu „das ist meine Zimmernummer – nur damit Sie das für heute Nacht wissen“ – beides übrigens ganz klar als Machtspielchen geäußert vor der ganzen Gruppe.
Darum müssen wir im Alltag aktiv Grenzen aufzeigen. Das entbindet keinen Täter von der Schuld einer Tat. Straftaten entstehen unabhängig davon ob wir das wollen oder nicht. Aber eine frühe Reaktion verhindert ein Klima, das Taten begünstigt. Denn wird der ständige Regelbruch im Kleinen als „Kavaliersdelikt“ verharmlost, so lassen sich Opfer viel leichter mundtot machen. Frei nach dem Motto: „Ja aber warum hat sie denn nie was gesagt!“ Deswegen: Wir müssen uns zu Wort melden!
Ich zeige meine eigenen Grenzen beispielsweise in drei Schritten auf:
1. Versteinertes Gesicht. Nonverbal signalisieren: Solche Witze mache ich nicht mit. Das wirkt bei mir als fröhlicher Mensch schon ziemlich drastisch. Die Kraft der nonverbale Kommunikation sollte man nicht unterschätzen.
2. Klar und humorlos sagen: „Das können Sie vergessen!“
3. In die Schranken weisen: „Das ist nicht witzig und ich finde ihren Spruch extrem unpassend.“
…und dann ignorieren und professionell weiter im Text. Auch wenn die Wut im Bauch bleibt. Vielleicht reagiert ihr ganz anderes? Ihr habt sicher euren eigenen Stil. So oder so: Wir – Männer und Frauen – müssen immer wieder deutlich und bestimmt zu äußern welchen Umgang wir miteinander pflegen wollen. Denn nur miteinander können wir aushandeln, was okay ist und was nicht.
4. Weltfrauentag: Was bedeutet es im Jahr 2018 eine Frau zu sein?
Die letzte Frage am Weltfrauentag bleibt die schwerste: Wer sind wir? Die Antwort können wir uns nur selbst geben. Welche Ideen, Wünsche, Forderungen lassen wir an uns heran? Um Antworten zu finden sollten Frauen sich austauschen. Sie brauchen tragfähige Netzwerke und den Mut sie auch zu nutzen. Denn sie helfen uns Frauen uns besser zu verstehen und uns gegenseitig zu unterstützen. Frances McDormand hat es bei ihrer Oscar-Rede vorgemacht. Sie sprach dort von einem „Inclusion Rider.“ Das ist eine Klausel, die eine 50% Diversität bei Filmprojekten im Vertrag festschreibt. Ein einfaches Mittel für die Mächtigen in Hollywood, um etwas in der Praxis zu verändern.
Wir sind vielleicht nicht alles Filmmogule. Aber wir alle können uns auf unsere Art einbringen. Egal ob am Weltfrauentag oder einem anderen Tag des Jahres. Denn heutzutage haben wir so viele Möglichkeiten uns selbst zu definieren: Geschäftsfrau, Mutter, Biest und Heilige. Egal wie man sich selbst entscheidet. Das wichtige ist: Jede von uns hat ein Recht darauf sich frei zu entscheiden.
Wir wählen unseren eigenen Weg
– auch DAS bedeutet 100 Jahre Frauenwahlrecht!
Natürlich spiegelt mein Blogpost nur meine Sicht. Sie ist geprägt durch mein Leben als Unternehmerin und durch meine Arbeit mit Führungsfrauen. Darum bin ich umso mehr gespannt auf eure Antworten. Seht ihr die Herausforderungen am Weltfrauentag ähnlich? Was seht ihr ganz anders? Und worauf sollte ich unbedingt noch eingehen?
Hinterlasst mir unten oder auf Facebook einen Kommentar oder schreibt mir – ich freue mich auf den Austausch mit euch!
Hinterlasse einen Kommentar