Der Microblogging-Dienst Twitter ist aus der Politik kaum noch wegzudenken. Prominent ist die Plattform vor allem in den USA – und das nicht erst seitdem die Staaten einen wild twitternden Präsidenten an ihrer Spitze haben. Wir werfen in diesem Artikel einen Blick auf die deutsche Twitter-Parteienlandschaft und twitternde Politiker – u.a. Martin Schulz, Christian Lindner oder Beatrix von Storch. Das Besondere an Twitter: Die Begrenzung der „Tweets“ auf wenige Zeichen. Nutzer müssen ihre Botschaften also auf den Punkt bringen. Wie das funktioniert, dazu haben wir als Social-Media-Experten unsere Lilit-Tipps am Ende des Artikels parat. Und die sind nicht nur für Politiker interessant, sondern auch für Unternehmer und Verbände!

Ein Nischenmedium mit politischer Bedeutung

In Deutschland gilt Twitter als Nischenmedium. Laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2015-2016 nutzen nur rund fünf Prozent der deutschen Internetnutzer Twitter mindestens wöchentlich. Trotzdem spielt Twitter auch in der deutschen Politik eine bedeutende Rolle: Alle wichtigen Parteien sind hier zu finden und rund 57 Prozent der Bundestagsabgeordneten haben ein Twitter-Profil. Und auch Journalisten sind überdurchschnittlich häufig vertreten.

Auf Twitter werden Themen gesetzt, Skandale entfacht und politische Diskussionen initiiert. Besonders gute oder kontroverse Tweets können über die journalistische Berichterstattung eine breite Öffentlichkeit jenseits der Plattform erreichen. Jüngstes Beispiel: Der Tweet zum Thema Mini-Jobs von CDU-Generalsekretät Peter Tauber.

Twitter bietet Parteien die Möglichkeit, ihre eigenen Inhalte zu verbreiten, Journalisten und Meinungsführer zu erreichen und so die politische Öffentlichkeit mit ihren Themen zu prägen. Was aber machen die Parteien aus dieser Chance? Wie nutzen sie Twitter?

 

#btw17: Der Hashtag zur Bundestagswahl

Eine besondere Bedeutung haben auf Twitter die Hashtags. Sie verschlagworten die Tweets, ordnen sie so thematisch zu und machen sie leichter auffindbar. Im Zusammenhang mit wichtigen Ereignissen wie einer Wahl empfiehlt es sich, den jeweils zugehörigen und etablierten Hashtag zu nutzen – im Falle der Bundestagswahl 2017 also: #btw17

Gekonnter Umgang mit Twitter – über Parteigrenzen hinweg

Dass Twitter sich in der Politik längst etabliert hat, zeigen die Auftritte der Parteien. Alle wichtigen Parteien sind geübt im Umgang mit Twitter und leicht zu finden. Sie posten regelmäßig, beziehen sich auf politische Sachthemen und bringen das Wichtigste auf den Punkt. Wichtig: Sie nutzen die relevanten Hashtags und verlinken Beteiligte oder binden Hintergrundlinks ein. Zusätzlich retweeten die meisten Parteien regelmäßig Beiträge – häufig von eigenen Politikern, Landesverbänden, Jugendorganisationen, etc., aber auch von Journalisten und Medien. Von wichtigen Veranstaltungen wird live getwittert – bei Rede werden wichtige Aussagen sofort gepostet.

Kurzum: Bei den meisten Parteien findet man eine gute Kombination aus verschiedenen Inhalten. Darum schauen wir den twitternden Parteien genauer auf die Finger:

Das Twitterprofil und Tweets von Martin Schulz

Screenshot: @martinschulz auf Twitter

SPD: #schulzzug und #zeitfuermartin

Mit dem #schulzzug stellen die Sozialdemokraten ihren Spitzenkandidaten Martin Schulz in den Mittelpunkt und vermitteln Dynamik und Veränderung. Mit dem Hashtag haben sie erfolgreich ein Bild etabliert, das immer wieder aufgegriffen wurde. Weitere Hashtags der sind zum Beispiel #zeitfuermartin, #esistzeit und #ZukunftSPD. Hier wäre weniger aber möglicherweise mehr: Es bleibt unklar, wann welcher Hashtag genutzt werden soll und welcher nun der Hashtag der Kampagne ist.

Und was macht der Spitzenkandidat? Martin Schulz twittert etwa 2-3mal am Tag, meistens politische Statements. Dabei fällt auf, dass er so gut wie nie Hashtags oder Links einbindet. Damit verzichtet er auf wichtige und charakteristische Funktionen von Twitter, andererseits verleiht er seinen Tweets damit natürlich auch Wiedererkennungswert. Insgesamt wirkt sein Twitter-Kanal dadurch allerdings ein wenig monoton und sehr textlastig.

CDU: Was heißt eigentlich #fedidwgugl?

Ein Tweet der CDU. Zu sehen ist ihre Hauptbotschaft

Screenshot: @CDU auf Twitter

Die CDU machte sich die Hashtag-Funktion im Wahlkampf mit einem besonderen Coup zu nutze. CDU-Politiker begannen, den sperrigen Hashtag #fedidwgugl zu nutzen, ohne ihn zu erklären. Das weckte die Aufmerksamkeit der Nutzer. Die Auflösung gab es bei der Vorstellung der Wahlplakate: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben.“ – der Wahl-Slogan der CDU, mit passendem Hashtag #fedidwgugl.

Ob man den Hashtag der CDU nun clever findet oder albern – nach der Aktion der Partei kennt ihn fast jeder. Und das ist es, worum es geht: Aufmerksamkeit und Wiedererkennungswert

Trotz der Bedeutung von Twitter in der Politik ist CDU-Spitzenkandidatin und Bundeskanzlerin Angela Merkel bislang nicht auf der Plattform vertreten. Erfolgreiche Twitterer hat die CDU natürlich trotzdem: Zu nennen sind hier etwa Peter Altmaier und Peter Tauber.

Altmaier twittert interaktiv, reagiert und antwortet auf andere Tweets und spricht andere Nutzer direkt an. Allerdings könnte er noch häufiger twittern: Teilweise liegen zwischen seinen Tweets mehrere Tage. Peter Tauber tweetet und retweetet häufiger. Über Twitter kann man beispielsweise aktuell seinen Haustürwahlkampf verfolgen. Teilweise setzt Tauber auf Twitter auch auf “Negative Campaigning” und twittert Angriffe gegen die SPD. Bei Wählern kommt das allerdings nicht immer gut an.

Die CSU auf Twitter – das geht noch abwechslungsreicher

#miasanbayern und #löwenstark: Die CSU nutzt auf Twitter wieder die Hashtags, die uns bereits von anderen Plattformen bekannt sind. Im Zusammenhang mit der Bundestagswahl nutzt die Partei außerdem den Hashtag #klarfuerunserland.

Gut ist bei den Christsozialen, dass sie über Twitter immer wieder auch auf ihre Inhalte auf anderen Social Media-Auftritten verweist. Während live zu einer Veranstaltung getwittert wird, kann beispielsweise auf das Live-Video auf Facebook hingewiesen werden. So werden die Plattformen genutzt sinnvoll miteinander verknüpft.

Schaut man sich die Tweets der CSU der letzten Tage an, fällt auf, dass viele Tweets ähnlich sind, es immer wieder um die gleichen Themen geht. Was auf anderen Netzwerken nicht zu empfehlen ist, ist auf Twitter unproblematisch: Twitter ist ein schnelles Medium, der Newsfeed wird laufend aktualisiert. Wiederholte ähnliche Tweets zu einem Thema fallen da nicht auf, können sogar von Vorteil sein: Damit der Inhalt auch wirklich beim Nutzer ankommt.

Dennoch könnte die CSU noch ein bisschen abwechslungsreicher twittern: Auf ihrer Seite finden sich kaum Retweets, wenig externe Inhalte – die jedoch eine spannende Ergänzung zu den eigenen sein könnten.

Weder Parteivorsitzender Horst Seehofer, noch Spitzenkandidat Joachim Herrmann, sind mit einem eigenen Twitter-Profil auf der Plattform zu finden. Erfolgreich mit über 60.000 Followern ist dafür Dorothee Bär auf Twitter vertreten. Beim Blick auf ihr Profil fällt aber auf: Fast nur Retweets, kaum eigene Inhalte.

Ganz anders bei Andreas Scheuer: Er postet vorwiegend eigene Statements oder retweetet mal CSU-Inhalte. Auffällig sind bei seinen Tweets die häufigen Angriffe auf andere Parteien und Politiker, etwa wenn er schreibt, Schulz rede “total unglaubwürdig und unseriös daher” oder von einem “scheinheiligen und verlogenen ideologischen Feldzug der Grünen gegen die Automobilindustrie” spricht.

Das Twitterprofil der FDP. Zu sehen ist an Retweet eines Videos von Christian Lindner.

Screenshot: @FDP auf Twitter

Jung und innovativ – die FDP und ihr Spitzenkandidat

Ein besonderer Inhalt der Freien Demokraten ist beispielsweise die Reihe „Christian Lindner fragt Alexa“ mit dem dazugehörigen Hashtag #CLundAlexa. Dabei fragt Lindner den Internet-Sprachassistenten Alexa nach deutschen Gesetzen. Mit diesem Format hat die FDP einen regelmäßigen Inhalt, der zum Image der Partei – jung und technikaffin – passt.
Zu diesem jungen und innovativen Bild passt auch ihr Hashtag zur Bundestagswahl: #DenkenWirNeu

Geprägt wird das Image der FDP vor allem durch ihren Spitzenkandidaten Christian Lindner. Natürlich ist er ebenfalls auf Twitter vertreten und kann dort aktuell 141.000 Follower verzeichnen. Positiv fallen bei Lindner vor allem die regelmäßig geposteten Videos auf, in denen er innerhalb von wenigen Minuten zu bestimmten Themen, wie zum Beispiel Russlandpolitik oder Kartellabsprachen in der Automobilindustrie spricht. Dabei handelt es sich nicht um professionell produzierte Videos. Stattdessen filmt Lindner selbst mit seiner Handykamera und vermittelt damit Nähe und Authentizität.
Und, ganz aktuell: Lindner lässt sich vom Netz interviewen. Unter dem Hashtag #HalloChristian können User ihm Fragen stellen, die er in einem späteren Interview beantworten wird. So gibt er sich gleichzeitig bürgernah und unterstreicht die Forderung „digital first“.

#darumGrün – so präsentieren sich die Grünen auf Twitter

Das Twitterprofil der Grünen. Zu sehen ist unter anderem ein Tweet mit einer Grafik, die in der Vorschau oben und unten abgeschnitten ist.

Screenshot: @die_gruenen auf Twitter

Unter dem Hashtag #darumGrün twittert die Partei Bündnis 90/Die Grünen regelmäßig und abwechslungsreich zur Bundestagswahl. Was bei den Grünen jedoch auffällt: Sie posten häufig Bilder und Videos, die nicht ins Format von Twitter passen und daher in der Vorschau abgeschnitten werden. Hier wäre es besser, sich an das Format anzupassen und Querformat- oder quadratische Bilder und Videos zu veröffentlichen.

Während die Spitzenkandidaten, Katrin Göring-Echkardt und Cem Özdemir über die typischen Grünen-Themen twittern, fokussiert sich beispielsweise Grünen-Politiker Volker Beck auf seine beiden Kernthemen. Er twittert fast ausschließlich zu LGBT und Israel. Das hebt seinen Twitter-Kanal von anderen ab und macht ihn besonders, auch wenn er so vermutlich nicht die breite Masse anspricht.

#LustaufLINKS: Auch die Linke überzeugt auf Twitter

Auch die Linke präsentiert auf Twitter abwechslungsreiche Inhalte. Interessant ist zum Beispiel eine neue Video-Serie zum Thema “Was können wir bewegen”, die sie unter anderem über Twitter bewirbt. Für die Bundestagswahl nutzt die Linke den Hashtag #LustaufLINKS

Spitzekandidatin Sahra Wagenknecht twittert mit 150.000 Followern zwar erfolgreich, aber etwas eintönig: Bei ihr finden sich überwiegend Artikellinks. Eine bessere Mischung findet man dagegen bei Dietmar Bartsch, ebenfalls Spitzenkandidat der Linken. Hier fällt allerdings auf, dass er sehr viele Videos postet.

Auch die Parteivorsitzenden der Linken twittern. Gut bei Bernd Riexinger ist etwa, dass er häufig Tweets von anderen Politikern kommentiert und damit das interaktive Potential von Twitter nutzt. Katja Kipping postet auf Twitter neben politischen Inhalten auch mal Alltägliches, etwa wenn sie schreibt “Wenn der Zug, den ich nehmen wollte, plötzlich gestrichen wird und die DB-InfoApp im gleichen Moment abstürzt, hilft nur noch Gelassenheit.” – das macht die Politikerin nahbarer.

Die AfD: #TrauDichDeutschland

Screenshot: @afd_bund auf Twitter

Die Alternative für Deutschland twittert zur Bundestagswahl unter dem Hashtag #TrauDichDeutschland. Damit spricht sie nicht nur die Wahrnehmung ihrer Anhänger an, dass man sich bestimmte Positionen erstmal „trauen“ muss, sondern sie integriert auch gleich eine Handlungsaufforderung an den Nutzer, in ihren Hashtag.

Der Hashtag ist zugleich das Wahlmotto der AfD und findet sich auch in ihrem Twitter-Header wieder. Die Partei fordert die Nutzer auf, mitzumachen und den Slogan ebenfalls als Header zu verwenden. Dies sorgt für ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Darüber hinaus gibt es ein eigenes Twitterprofil mit dem Namen „TrauDichDE.“

Inhaltlich setzt die AfD auf Negative Campaigning, was man es etwa schon von ihrer Facebookseite kennt. Auch hier kommen wieder die typischen Bilder zum Einsatz, bestehend aus verschiedenen Elementen (Foto, Logo, verschiedene Schrift). Zusammen mit dem Tweet, der ebenfalls Statements, Hashtags, Verlinkungen, Links sowie Emojis enthält, wirkt ein Tweet der AfD schnell überladen: Als Leser weiß man nicht, wo man zuerst hinschauen soll.

Spitzenkandidatin Alice Weidel und Parteivorsitzende Frauke Petry übernehmen im Wesentlichen die Inhalte, die auch auf der Parteiseite getwittert werden: Sie posten und retweeten vor allem die typischen AfD-Grafiken. Für den Nutzer ist das eher langweilig.

Auffälliger ist da der Twitter-Auftritt von Beatrix von Storch: Ihre Tweets zeichnen sich vor allem durch ihren provokativen, teilweise hetzerischen Ton aus, beispielsweise wenn sie schreibt “Stehklos für Frauen. Wir werden von Vollidioten regiert. #Berlin #Gaga #StopDenLänderfinanzausgleich.”

Erfolgreich microbloggen: Tipps für Twitter

Twitter spielt in der Politik sowie in der Medienöffentlichkeit eine bedeutende Rolle – trotz seinem Ruf als Nischenmedium. Dementsprechend ist es für Wahlkämpfer, aber auch für Unternehmen wichtig, sich hier richtig zu präsentieren.

Wie nutzt man Twitter also nun effektiv und professionell? Folgende Tipps solltet ihr für euren Twitter-Auftritt beachten:

  • Kurze, prägnante und gut verständliche Aussagen – Ihr habt nur 140 Zeichen.
  • Emotionen wecken – mit humorvollen, bewegenden oder provokativen Formulierungen.
  • Einen eigenen Stil entwickeln – sowohl inhaltlich als auch mit Blick auf Formulierungen. Dabei aber das Image und die eigene Zielgruppe beachten. Möchtet ihr ein konservatives, älteres Publikum ansprechen, ist ein humorvoller Stil mit vielen Einblicken aus dem Alltag und lustigen GIFs vermutlich weniger passend. Und wer eine breite Masse ansprechen will, etwa als Spitzenkandidat, für den ist eine thematische Fokussierung nicht sinnvoll. Für ein Unternehmen ist es dagegen empfehlenswert, vorwiegend zum eigenen Kernthema zu twittern.
  • Bilder und Videos wecken Aufmerksamkeit. Sie sollten aber in das Format passen.
  • Eigene Hashtags beweisen Kreativität und sorgen für Wiedererkennungswert. Ansonsten: sinnvolle Hashtags setzen und, wenn vorhanden, die etablierten Hashtags nutzen. So kann der Tweet besser gefunden werden.
  • Gegebenenfalls relevante Akteure verlinken und Hintergrundlinks integrieren.
  • Für Abwechslung sorgen: Ein gutes Verhältnis von eigenen Inhalten und Retweets. Die Retweets sollten in den Kontext eurer Seite passen.
  • Stellt eine Verbindung zu euren anderen Web-Auftritten her und verweist etwa auf euer Instagram- oder Snapchatprofil oder euren neuesten Blogeintrag.

Ihr wisst immer noch nicht so recht, wie ihr mit dem Microblogging-Dienst umgehen sollt und braucht noch mehr Input?

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Neugierig auf noch mehr Tipps?

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