Karriere-Workshop für junge Wissenschaftlerinnen
Vergangene Woche gab Marietta Gädeke das Seminar Netzwerken in der Wissenschaft für das Frauenbüro der Universität Mainz. Zum Thema fanden sich 13 Teilnehmerinnen ein, mit jeder Menge Fragezeichen im Gepäck: Was ist Netzwerken in der Wissenschaft genau und wie soll das gehen? Wie kommt man sich dabei nicht schmierig vor? Wie komme ich in die Kreise rein, in die ich rein will?
Marietta beginnt das Seminar mit ein paar Basics: Was genau bedeutet es, ein Netzwerk zu haben? Da gibt es erst mal die Netzwerke, die man in seinem alltäglichen Leben hat. Freunde, Familie, Arbeitskollegen. Als zweites gibt es die sozialen Netzwerke. Wichtig ist: Wer kann mich sehen? Sichtbarkeit entscheidet. Nur wer gesehen wird, kann auch von anderen gefunden werden. Erste Lektion für mich: Facebook-Namen ändern! Aus meinem Alias soll wieder Saskia Höfer werden ;)
Und wie unterscheiden sich die Sozialen Netzwerke Xing und LinkedIn voneinander? Gibt es noch weitere? Speziell für das Netzwerken in der Wissenschaft: Academia.edu, Researchgate und speakerinnen.org
Netzwerken in der Wissenschaft: Die Wolke der Fähigkeiten
Netzwerken bedeutet nicht „Ich will haben“, sondern auch „Ich bringe ganz viel mit.“ Aber was? Dafür muss man sich zunächst fragen: Welche Kompetenzen habe ich?
Die Teilnehmerinnen schreiben drei ihrer Fähigkeiten auf Karten und stellen sich mit Ihren Kompetenzen in kleinen Gruppen vor. Sehr schön zu sehen: Daraus entstehen direkt Gespräche. Körpersprache wird eingesetzt. Hier mal eben beiläufig eine Hand berührt, da mal ein starker Blick.
Kompetenzen, die alle hatten, waren natürlich fachlich. Aber was genau bedeutet das: Fachkompetenz? Eine Geschichtsdoktorandin erkannte, dass Ihre große Stärke Handschriften lesen ist, eine gefragte Fähigkeit in der Geschichtswissenschaft.
Der zweite Schritt: Herausfinden, in welcher Situation die Teilnehmerinnen ihre Kompetenzen zeigen konnten. Storytelling ist das Stichwort. Wer eine Geschichte erzählt, bleibt länger im Gedächtnis der Zuhörer. Eine Wissenschaftlerin, die in Afrika bereits als Eventplanerin gearbeitet hat, erkannte, dass Sie dies dennoch bei Ihren Kollegen aus der Biopharmazie erwähnen kann. Denn wer kennt schon eine Biopharmazeutin, die bereits Hochzeiten organisiert hat? Das ist ein interessanter Gesprächs-Opener und bleibt in Erinnerung.
Granovetter: Schwache und Starke Beziehungen im Netzwerk
So sieht also mein Netzwerk aus? Marietta teilt der Gruppe ein Tool zur Netzwerkanalyse aus, das verschiedene Kategorien abbildet: Freunde/Familie, Kollegen, Professoren, ehemalige Kommilitonen. Es half den Teilnehmerinnen dabei, ihr eigenes Netzwerk zu visualisieren.
Auf einem Flipchart-Papier zeichnet jede Teilnehmerin ihr eigenes Netzwerk auf. Im zweiten Schritt überlegt sich Jede, welches die starken und schwachen Beziehungen ihres eigenen Netzwerks sind. Starke und schwache Beziehungen zeichnen sich dadurch aus, wie intensiv der Kontakt zu einer anderen Person ist. Engste Freunde und Familie etwa sind starke Beziehungen, ehemalige Kollegen und flüchtige Bekannte sind eher schwache Beziehungen.
Marietta erklärt, dass schwache Beziehungen nichts Schlechtes sind, eher im Gegenteil: Hinter einer schwachen Bindung kann sich ein wertvolles Netzwerk verstecken, das man aktivieren und worauf man zurückgreifen kann. Hier lassen sich leicht neue Kontakte knüpfen, wenn jemand eine Koryphäe auf ihrem Gebiet ist. Eine Sportwissenschaftlerin und eine Psychologiedoktorandin haben auf den ersten Blick keine großen Überschneidungspunkte. Möchte aber die Sportwissenschaftlerin psychologische Auswirkungen einer bestimmten Sportart untersuchen, wird Psychologiedoktorandin als Kompetenzträgerin erkannt und auf ihre Fach angesprochen. Aus einer vorerst schwachen Beziehung entsteht eine starke Beziehung für das Netzwerken in der Wissenschaft. Die beiden fungieren gegenseitig als Expertinnen auf ihrem Gebiet
Und wie netzwerkt man jetzt?
Mit den Kompetenzen im Gepäck und einer guten Geschichte, um diese zu verkaufen, kann eigentlich nichts schief gehen. Wichtig ist, immer freundlich zu sein und auf Menschen zuzugehen. Also nicht dauernd auf’s Smartphone gucken, sondern lieber den Anderen interessante Fragen stellen. Frei nach dem alten Marketing-Motto: „Wer fragt, der führt!“
Aber ist das nicht komisch, wenn ich nur netzwerke, weil ich etwas haben will?, fragt eine Teilnehmerin. Das ist schon die falsche Einstellung, antwortet Marietta, denn erst mal ist es ein nettes Gespräch, das beiden Freude bereitet. Ob daraus etwas entsteht, ist eine andere Frage. Jede bringt Kompetenzen mit, die der andere vielleicht brauchen kann. Es gibt also keinen Grund sich schlecht zu fühlen.
Netzwerken in der Wissenschaft: Die nächsten Schritte zum Erfolg
Zum Ende des Seminars fragt Marietta die Gruppe was sie als nächstes tun werden? Mich doch noch bei dem einen Kontakt melden, auch wenn es sehr spät ist, ruft die erste in die Runde. Mich bei Xing anmelden, sagt eine zweite. Längst überfällige E-Mails schreiben und Visitenkarten drucken.
Und ob sie sich auf das nächste Netzwerk-Treffen freuen? Ja, sagt eine Sportwissenschaftlerin. Ich hätte nie gedacht, dass Netzwerken in der Wissenschaft Spaß machen kann! Aber ich freu mich richtig drauf. Die Gruppe ist sich sicher: Wir wollen aktiver werden!
Kennen Sie schon unsere 5 Tipps gegen Schwarze Rhetorik und Manipulation? Nein? Dann starten Sie gleich durch mit unseren Tipps gegen Blender, den unangenehmen Wichtigtuern, die einem auch beim Netzwerken begegnen können.
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Über die Autorin: Saskia Höfer ist freie Journalistin, Texterin und Argumentationsexpertin. Sie hat Germanistik und Buchwissenschaft an der Johannes Gutenberg-Universität studiert.
Die Rechte der Fotos liegen bei der Autorin.
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