„Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast!“, den Satz kennt man. Aber sobald wir hören, „Das wurde neulich erst in einer Harvard-Studie veröffentlicht.“, sind wir wieder ganz Ohr. Namedropping ist das rhetorische Gegenstück zur Designer-Handtasche von Gucci oder der dicken Rolex-Armbanduhr. Wie die Fashion-Labels sollen auch die Namen von renommierten Denkern, Publikationen oder Universitäten beeindrucken. So soll mit Nietzsche, Foucault & Co. das Image des Redners aufgewertet werden.
Namedropping – nur Schall und Rauch?
Was passiert? Namedropping, etwa Harvard, ist easy. Es suggeriert Expertise und Kompetenz. Der Zuhörer überträgt das Prestige der genannten Autoritäten auf den Redner. So steigt der Status des Namedroppers im Auge des Betrachters. Er wirkt plötzlich überlegen und seine Argumente haben mehr Gewicht. Sein eigenes mangelhaftes Wissen kann so geschickt vertuscht werden. Außerdem steigert sich auch noch seine Glaubwürdigkeit: Der Psychologe Carl Hovland führte eine Studie an der US-Universität Yale durch und fand heraus, dass glaubwürdige Quellen vertrauenswürdiger Experten das Verhalten einer Person eher ändern, als unglaubwürdige Quellen. Glaubwürdigkeit setzt sich dabei aus Sachkenntnis und Vertrauenswürdigkeit zusammen, also den Fragen:
- Ist die Quelle ein Experte auf dem Gebiet?
- Will und darf ich der Quelle glauben? Steht sie auf meiner Seite?
Ein geübter Namedropper wählt also nicht nur inhaltliche Experten, sondern achtet auch darauf wie der Zuhörer emotional zu seiner Quelle steht. So wird als Experte für Politik bei der CDU Adenauer und bei der SPD Willy Brandt zitiert. Gleichzeitig soll das Namedropping uns am besten noch etwas einschüchtern: Die vermeintliche Expertise des Namedroppers führt nämlich auch noch dazu, dass wir unseren eigenen Standpunkt hinterfragen. Eventuell trauen wir uns dann nicht mehr gegenteilige Meinungen in die Diskussion einzubringen. Schließlich wurde ja mit schweren intellektuellen Geschützen aufgefahren. Und wer argumentiert schon gerne gegen Adorno oder eine Ivy-League-Universität?
Meine Strategie gegen Namedropping:
- Hinterfragt die Relevanz des Namedroppings für die Diskussion. Gibt es überhaupt einen inhaltlichen Bezug? Eine Harvard-Studie oder ein weiser Spruch von Platon müssen noch lange nicht entscheidend für das aktuelle Thema sein!
- ZDF-Check: Zahlen-Daten-Fakten! Habt ihr Zweifel an der genannten Quelle, fragt nach: Wo kann man die Studie nachlesen?
- Zahlen sind kein absoluter Wert, sondern ein Narrativ. Ein Arzt kann zum Patienten sagen: „Die Sterberate liegt bei 50%“. Oder er sagt: „Jeder Zweite überlebt“. Inhaltlich ist die Aussage identisch. Lasst euch nicht einwickeln: Ob ihr das Narrativ annehmt, entscheidet ihr selbst!
- Selbiges gilt für politische Begriffe: „Mehr Sicherheit auf öffentlichen Plätzen!“ und „Überwachungsstaat“ sind zwei Seiten der selben Medaille. Weist auf die tendenziöse Einfärbung hin!
- Entlarvt aus dem Kontext gerissene Zitate und kontert mit eigenen Statistiken und Erfahrungen. Stellt euer Gegenüber auf die Probe!
- Übrigens: Namedropping in Maßen schadet nie! (Wie auch der Hinweis auf einen Yale-Professor in diesem Artikel zeigt 😉 ). Achtet bloß darauf, dass eure Quelle belegbar und relevant ist und verwendet sie mit ausreichendem Hintergrundwissen.
PS: Ihr habt Lust auf noch mehr Strategien und rhetorische Kniffe? Dann abonniert unseren Newsletter, bucht unser individuelles Lilit-Rhetorik-Coaching (Lilit Seminar Schwarze Rhetorik und Manipulation abwehren) oder unser Lilit Training zur Kunst des Argumentierens.
Hinterlasse einen Kommentar